Achtsamkeit

Wer den Begriff „Achtsamkeit“ hört, liest etc. denkt wahrscheinlich als erstes an Esoterik, Meditation oder einfach nur „Vorsicht“. Achtsamkeit jedoch ist die grundlegende menschliche Fähigkeit, geistig voll präsent und sich bewusst zu sein, wo wir uns befinden und was wir tun, und nicht überwältigt zu werden von dem, was um uns herum geschieht.

Unsere Welt, in der wir heute leben, ist extrem hektisch und schnelllebig. Und die Dinge, die heutzutage passieren, sind oft nur schwer zu begreifen. Wir denken oft nur über Probleme nach, machen uns Sorgen über unsere Zukunft oder hängen gedanklich in der Vergangenheit fest.

Bringt man die Achtsamkeit, also etwas bewusst tun, in den Alltag ein, kann man die Beziehung zu sich selbst, zu anderen und zu dem was man tut, völlig verändern.

Woher kommt der Begriff der Achtsamkeit?

Das Konzept der Achtsamkeit spielte schon in den Meditationen des Buddhismus eine große Rolle. Sie liegt jeder Meditation zu Grunde, jedoch kann man auch ohne zu meditieren achtsam sein.

1970 entwickelte der amerikanische Molekularbiologe Jon Kabat-Zinn, das Programm MBSR (Mindfullness-Based Stress Reduction = Stressbewältigung durch Achtsamkeit), um Patienten zu behandeln, die unter Körperlichen Erkrankungen und/oder psychischen Problemen, wie Stress oder Ängsten leiden.

Die 8-wöchigen Gruppen-Kurse werden von einem Fachmann für psychische Gesundheit geleitet.  Die Patienten lernen durch Atemübungen, Meditation und Yoga, sich zu entspannen und ihre Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Das Achtsamkeitstraining nach Jon Kabat-Zinn kommt ganz ohne philosophisch-religiöse Ansätze aus und bezieht sich nur auf die eigenen Fähigkeiten, sich selbst und die Umwelt bewusst wahrzunehmen.

Der Psychiater und Psychotherapeut Michael Hupertz ist der Meinung, dass man Achtsamkeit nicht nur mithilfe eines MBSR Trainings lernen kann. Das Gleiche könne man erreichen, indem man kleine Momente, in denen man sich nur auf bestimmte Dinge konzentriert, über den Tag verteilt und auch mal aus einer Routine ausbricht z.B. einen anderen Weg zur Arbeit gehen. Weitere dieser Momente wären z.B. beim Duschen auf die Temperatur des Wassers zu achten, anstatt über die Ziele des Tages nachzudenken oder beim Frühstück sich auf den Geschmack des Essens fokussieren und nicht auf den Einkaufszettel.

Wie praktiziere ich Achtsamkeit im Alltag?

Die oben genannten Situationen, in denen man sich auf eine Sache Konzentriert, sind nur ein kleiner Teil dessen, worauf man im Alltag achten kann. Wichtig dabei, ist vor allem, dass man die Gedanken dabei nicht bewertet. Man kann sich das so vorstellen: „Ich gehe auf einen Berg, und schaue hinunter ins Tal. Das heißt ich stehe über meinem Alltag und kann das Ganze von weit oben betrachten.“ Man lässt belastende Gedanken also zu, jedoch verurteilt man sich oder andere deswegen nicht. Dafür braucht es Übung.

Es gibt Zahlreiche Kurse und Online-Angebote, in denen man Achtsamkeit lernen kann. Aber es gibt auch viele Übungen, die man leicht zu Hause machen kann. Ein paar davon werden hier vorgestellt.

Innehalten

In unseren vollgepackten Tagen bietet sich einfaches Innehalten an, um zwischendurch zur Ruhe zu kommen und Kraft zu Tanken.

Nehmen Sie sich dafür mehrmals am Tag mindestens eine Minute Zeit. Stellen oder setzen Sie sich bequem hin. Achten Sie darauf, wie sie ein- und wieder ausatmen. Spüren Sie, wie ihr Atem fließt. Richten Sie ihre Aufmerksamkeit nun auf ihren Körper: entweder auf einzelne Stellen oder auf den Körper im Ganzen. Beobachten Sie ihre Gefühle und fragen sie sich, wie es ihnen geht. Achten sie aber darauf, diese Gefühle nicht zu bewerten. Das ist am Anfang noch schwer, wird mit der Zeit aber immer leichter.

Bewusst gehen

Das Gehen ist eine automatisierte Bewegung, für die wir nicht nachdenken müssen und sie dadurch kaum wahrnehmen. Die Zeit, während Sie gehe, können Sie nutzen, um Ihre Gedanken zu fokussieren und zu beruhigen.

Konzentrieren Sie sich darauf, wie es sich anfühlt, wenn Ihre Füße den Boden berühren. Welche Oberfläche hat der Boden? Welche Muskeln spannen sich an und entspannen wieder? Beobachten Sie Ihr Tempo. Werden Sie schneller oder langsamer?

Bewusst atmen

Für diese Übung sollten Sie etwa 10 bis 20 Minuten einplanen. Setzen Sie sich aufrecht und entspannt hin und schließen Sie die Augen. Konzentrieren Sie sich nun auf Ihren Atem. Verändern Sie Ihre Atmung nicht und beobachten Sie nur, wie Sie ein- und ausatmen. Versuchen Sie dann wahrzunehmen, wo Sie Ihren Atem am deutlichsten spüren. Nun konzentrieren Sie sich auf Ihren Brustkorb, wie er sich hebt und senkt und immer wieder ausdehnt und zusammenzieht.

Sollten Ihre Gedanken abschweifen, benennen Sie den Gedanke z.B. mit „Denken“ und richten Ihre Aufmerksamkeit dann wieder auf ihren Atem.  

Achtsam Essen

Auch bei den Mahlzeiten kann man Achtsam sein. Bevor Sie essen, fühlen Sie in sich hinein. Haben Sie Hunger oder nur Appetit? In welcher Stimmung sind Sie gerade? Betrachten Sie Ihr Essen. Wie sieht es aus? Welche Konsistenz könnte es haben? Riechen Sie an Ihrem Essen, bevor Sie den ersten Bissen zum Mund führen. Wie schmeckt es? Wie ist das Gefühl im Mund? Kauen Sie die ersten fünf Bissen länger, als sonst. Kauen Sie langsam und bewusst und achten Sie darauf wie sich das Essen verändert.

Wenn Sie fertig sind mit Essen, horchen Sie noch einmal in sich hinein. Sind Sie satt? Wie fühlt sich Ihr Körper (innerlich) jetzt an?

Diese Übung hilft dabei bewusster zu essen. Sie vermittelt ein Bewusstsein für die Lebensmittel und die Mengen die wir davon zu uns nehmen. Das funktioniert nicht nur mit dem, was wir essen, sondern auch mit Getränken.

In der Hektik des Alltags schlingen wir unsere Mahlzeiten einfach nebenbei herunter, oft sogar im Gehen (z.B. Kaffee-to-go), ohne genau zu wissen, was darin ist und woher das Lebensmittel kommt.       

Dankbar sein

Diese Übung tut abends, kurz vor dem Schlafengehen, besonders gut.

Setzen oder legen Sie sich bequem hin und gehen Sie in Gedanken noch einmal Ihren Tag durch. Überlegen Sie, was Sie heute erlebt haben und für welche Momente, Menschen und Dinge Sie dankbar sind. Gehen Sie diese Sachen, für die Sie dankbar sind, noch einmal in Gedanken durch und konzentrieren Sie sich kurz auf jedes Einzelne.

Das erhöht die Aufmerksamkeit für die schönen Dinge, die im Alltag oft untergehen. Und es kann dabei helfen, besser zu schlafen.

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