Chronische Schmerzen können zu erhöhter Abhängigkeit von anderen, zum Verlust von Arbeiter- und Familienrollen und zu Schwierigkeiten bei der Teilnahme an alltäglichen Aktivitäten führen. Schlafprobleme, Depressionen, Ängste, soziale Isolation und verminderte Lebensqualität sind häufige Probleme, mit denen Menschen mit chronischen Schmerzen konfrontiert sind. Der Schmerz ist oft hartnäckig.
Rolle der Ergotherapie
Im Laufe der Zeit führen chronische Schmerzen zu einem Gefühl der Entmachtung und zum Verlust der Kontrolle über die täglichen Aktivitäten. Mit einem Selbstmanagementansatz konzentriert sich die Ergotherapie darauf, den Einzelnen auf adaptive Weise an den täglichen Aktivitäten teilhaben zu lassen. Durch den ergotherapeutischen Prozess werden spezifische Leistungsprobleme im Alltag bewertet, wertvolle Aktivitäten identifiziert und erprobte Therapieansätze zur Erreichung der Ziele des Klienten eingesetzt. Die Ergotherapie ist ein notwendiger und zentraler Bestandteil jeder umfassenden Schmerzrehabilitation.
Interventionsansätze
Anti-Schmerz-Ausbildung
Klienten sind oft nicht über die Neurophysiologie der Schmerzreaktion, ihre spezifische Schmerzdiagnose und nichtmedizinische Ansätze zur Schmerzbehandlung informiert. Der Prozess der Information der Klienten über ihre Schmerzen, der Klärung der Behandlungserwartungen und des Selbstmanagementansatzes bereitet sie auf die aktive Teilnahme am Rehabilitationsprozess vor.
Funktionale Zielsetzung
Die Klienten werden bei der Identifizierung und Festlegung von Zielen für ihre eigene Therapie einbezogen. Dieser Prozess unterstützt die Patientenmotivation und -beteiligung bei gleichzeitiger Verbesserung der Therapieergebnisse.
Anti-Schmerz-Ausbildung
Proaktive Schmerzbekämpfung: Die Klienten werden darin geschult, selbstständig und proaktiv Schmerzkontrollmodalitäten wie Hitze oder Kälte anzuwenden. Bei sicherer und proaktiver Anwendung kann ein Anstieg der Ausgangsschmerzen während des Tages vermieden werden, was die Teilnahme an den täglichen Aktivitäten ermöglicht.
Sichere Körpermechanik und Ergonomie: Die Patienten fürchten sich oft vor Schmerzen bei der Bewegung und vermeiden in der Folge Aktivitäten. Der Unterricht in sicherer Körpermechanik, mit der Möglichkeit, zu üben und Feedback zu erhalten, fördert das Selbstwirksamkeitsgefühl. Die Klienten lernen, grundlegende Aktivitäten des täglichen Lebens, der Arbeit, der Freizeit, der Gesellschaft und der Gemeinschaft sicher durchzuführen, indem sie Techniken anwenden, die die Belastung der Körperstrukturen verringern oder verhindern.
Neuromuskuläre Umerziehung: Anhaltende Schmerzen führen im Laufe der Zeit zu abnormalen Bewegungsmustern und Haltungsabweichungen. Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten schulen die Klientinnen und Klienten mit den entsprechenden Muskelgruppen, um sie auf die Teilnahme an geschätzten Aktivitäten vorzubereiten.
Training zur Reduzierung der Muskelspannung: Schmerz ist ein Stressfaktor für Körper und Geist. Das Lernen, die Muskeln zu entspannen (z. B. durch PMR – Progressive Muskelrelaxation) und den Geist zu beruhigen, ermöglicht es dem Klienten, die Kontrolle über seinen Körper zu behalten und gleichzeitig die Schmerzen zu reduzieren.
Ganzheitliche Entspannungsmethoden
Klangschalentherapie nach Peter Hess
Eine ausführlichere Beschreibung dieser Methode finden Sie unter diesen Link.
Kommunikationstraining: Chronische Schmerzen sind eine unsichtbare Behinderung. Durchsetzungsfähiges Verhalten (z. B. “Nein” sagen, Bedürfnisse und Wünsche bequem erklären) ermöglicht es den Klienten, die Einschränkungen mit weniger Konflikten und Frustration zu bewältigen.
Proaktive Problemlösung: Zuvor vermiedene Aktivitäten können durchgeführt werden, wenn den Patienten beigebracht wird, proaktive Problemlöser zu sein. Dabei geht es darum, potenzielle Probleme anzugehen und Herausforderungen frühzeitig zu planen.
Pacing-Aktivitäten: Viele Klienten mit chronischen Schmerzen haben Probleme mit der Selbstregulierung ihrer Aktivität. Dies führt oft zu Aufflackern der Schmerzen. Ergotherapeut/Innen lehren Klienten, ihre Aktivitäten zu beschleunigen bzw. zu verlangsamen, Pausen einzulegen, die Art und Weise, wie eine Aktivität durchgeführt wird, zu ändern oder um Hilfe zu bitten.
Übungsprogramm für zu Hause
Selbstmanagement beinhaltet die aktive Aufrechterhaltung eines gesunden Lebensstils, einschließlich Heimtrainingsprogrammen. Diese Programme sind speziell auf die Bedürfnisse der einzelnen Klienten zugeschnitten und beinhalten körperliche Bewegung, tägliche Entspannungs- oder Meditationspraxis, proaktive Anwendung von Schmerzkontrollmodalitäten, etc.
Wie und wo man einen Patienten für die Ergotherapie überweist
Die Ergotherapie zur Behandlung chronischer Schmerzen wird am besten von Therapeuten durchgeführt, die im Bereich der Schmerztherapie ausgebildet sind und ganzheitlich arbeiten. Darüber hinaus können Ergotherapeuten im Rahmen der Palliativ- oder Hospizpflege oder der häuslichen Gesundheitsversorgung Schmerztherapien anbieten. Eine frühzeitige Überweisung von Leistungen führt zu besseren Ergebnissen (d. h. bevor der Schmerz zu einer zunehmenden physischen Veränderung, psychischer Belastung und Überbeanspruchung der Gesundheitsversorgung führt).
Fazit
Wenn Schmerzen chronisch werden, führen sie zu schmerzbedingten Behinderungen, menschlichem Leid und enormen wirtschaftlichen Kosten. Die evidenzbasierte Praxis unterstützt interdisziplinäre und psychosoziale Ansätze als Standard für die Behandlung chronischer Schmerzen. Die Ergotherapie, die auf eine patientenorientierte Betreuung ausgerichtet ist und eine optimale Selbstständigkeit und Leistungszufriedenheit fördert, ist ein wesentlicher Bestandteil eines jeden umfassenden Schmerztherapieprogramms.